Melbourne – oder: Selbst in der tollsten Stadt leben Vollhonks
Was für eine irre Stadt! Vom Flughafen, der etwa 25 Kilometer nord-östlich der Stadt liegt, bin ich mit dem Skybus erst einmal zur Southern Cross Train Station gefahren. Die Flut an Informationen dort war echt überwältigend. Mein Kopf brummte, ich war völlig fertig und hatte keinen Plan, wie ich zu meiner Unterkunft kommen sollte. Mir kam es vor, als würde es Millionen Möglichkeiten geben, bloß war ich zu dumm, die richtige zu finden. Zum Glück laufen in der Station viele gut gelaunte und hilfsbereite Angestellte rum. Eine total nette Australierin hat mir Doofi dann erklärten, wo ich hinmuss. Ich dachte eigentlich, ich kann gut Englisch. 12 Punkte sind schließlich nicht übel. Aber Englisch ist offensichtlich nicht gleich Australisch. Dabei klingt das Australische aber viel freundlicher und kein bisschen spießig. Kommt vielleicht auch auf den Dialekt an. Egal. Immerhin habe ich schlussendlich kapiert, was die Frau mir sagen wollte. Wenn auch erst mit ein paar Mal nachhaken. Dabei haben wir total viel gelacht. Tja, da konnte ich wenigstens noch lachen …
Die Sache mit dem Motel lasse ich mal weg. Interessiert eh keinen, wie es da aussieht. Ein Zimmer mit kleinem Bad und Bett eben. Abgesehen vom geilen Poster an der Wand eher von der langweiligen Sorte. Rucksack also abgestellt, umgezogen, frisch gemacht, Wertsachen eingesteckt und weiter ging´s. Ich bin schließlich nicht zum Schlafen nach Australien gekommen.
Mit der Tram fuhr ich nach St. Kilda, der kultigen Stadt im Süden von Melbourne. St. Kilda liegt an der Port-Phillip-Bucht. Da steht direkt am Strand auch ein Freizeitpark, den ich aber nicht besucht habe. Frisst mir zuviel Zeit. Apropos Fressen. Ich habe mir lieber eine Pizza besorgt, mich damit an den Strand gesetzt und die Aussicht genossen. Es hätten gerne weniger Trubel um mich rum sein dürfen. Hier tummelt sich einfach alles: Menschen, Hunde, Kinder, und sogar Pinguine! Na, es war eben laut. Ruhe hätte ich erholsamer gefunden. Aber wie war das mit dem „Ich bin nicht zum Schlafen hier“? Womöglich wäre ich ohne die Geräusche vom Wellenrauschen eingelullt worden und ich wäre mit Pizza auf dem Schoß eingeschlafen.
Tja, und dann setzte sich so ein Typ neben mich. Breites Lachen, braun gebrannt, rotes Käppi aufm Kopf. Eigentlich süß. Er hat mich gefragt, woher ich käme und als ich ihm sagte, dass ich aus Deutschland bin, da war er total interessiert. Seine Oma käme nämlich aus Deutschland, aus München, ob ich das kenne. Joa, München kenne ich ja noch von der Oberstufenreise. Wir redeten eine ganze Weile, erst über „Munschen“, wie er es aussprach (das fand ich da noch ganz süß) und später dann über den Rest Deutschlands. Dass ich aus Trier komme, habe ich ihm aber nicht verraten, sondern behauptet, ich wohne in Frankfurt. Das kannte er nicht, hatte er angeblich noch nie von gehört. Das hätte mich misstrauisch stimmen sollen … Ich meine … Hallo? Frankfurt? Sollte man doch kennen, oder? Immerhin ist dort der größte Flughafen Deutschlands. Er verabschiedete sich dann mit vielen „Take care“ und „Really nice to meet you“ und anderen Nettigkeiten und zog davon. Mit meinem Handy, das er mir während eines unbeobachteten Moments wohl aus dem Rucksack geklaut hat. Danke auch, du Vollhonk! Du wirst nichts damit anfangen können. Erstens ist es steinalt, zweitens ist eine SIM-Sperre drin und drittens könnte ich herausfinden, wo du es hinbringst. Das heißt, ich könnte, wenn du es mir zuhause geklaut hättest. Aber ich bin jetzt in Australien und mein Handy war dafür gedacht, eine neue SIM aufzunehmen, damit ich es wieder benutzen kann. Super. Danke auch. Nicht!
Ich bin dann also erst einmal zu einem Telefonanbieter, von denen es zum Glück sehr viele in Melbourne gibt, und habe mir ein neues Mobil-Phone zugelegt. Das Geld hätte ich gerne für etwas anderes ausgegeben, aber ohne Handy ist auch doof. Das sollte aber nicht das Letzte bleiben, was mir an Mist passieren sollte. Als ich nämlich ins Motel zurückkam, sah mein Zimmer anders aus, als vorher. Nicht unbedingt schicker. Meine Klamotten hatte jemand hübsch unordentlich auf dem Boden verteilt. Mein Kleidungsstil schien ihm nicht sonderlich gefallen zu haben, denn es fehlte kein Stück. Dafür aber meine Powerbank, das Ladekabel und die USB-Sticks, auf die ich die Fotos von der Kamera zwischenparken wollte (Ja, ja. Ich weiß, ich bin da altmodisch. Ich könnte sie auch in die Cloud laden. Aber …). Und seltsamerweise fehlte auch die Liste mit Mailadressen und Telefonnummern, die ich mir vorsorglich ausgedruckt mitgenommen habe, falls mir das Handy abhandenkommen sollte. Was es ja leider auch gleich am ersten Tag getan hatte. So ein Kack! Das ist aber nicht weiter schlimm. Alle sensiblen Unterlagen und Wertsachen trage ich ja bei mir. Und die sind alle noch da. Die hat der Käppi-Honk nicht haben wollen. Und notfalls könnte mir meine Mutter die Liste auch noch mal schicken. Kein großes Drama also. Aber die Vorstellung, dass jemand in meinen Sachen rumgefingert hat, und sich vielleicht alles genau ausgeschaut hat, vielleicht sogar etwas anprobiert hat … GRU-SE-LIG! Warum macht so jemand so was? Ich verstehe es nicht. Aber gut, wie gesagt, es ist kein Drama. Ich werde drüber wegkommen. Und jetzt konzentriere ich mich auf das, was ansteht: die restliche Zeit in Melbourne möglichst ohne weitere Verluste rumkriegen und dann weiter nach Cairns fliegen, um nach Melli zu fahnden.
Mal sehen, ob mir das gelingt.