Emmas Australien-Tagebuch – Eintrag 1

Singapur Changi
Flughafen Singapur Changi (Copyright Alexander Sohre)

Australien, Aquarii, Meerjungfrau, FantasyVon Trier via Frankfurt nach Singapur Changi

Melli, ich komme und rette dich! Ich kanns kaum glauben, ich bin tatsächlich unterwegs, sitze mit einem riesen Backpack auf dem Flughafen Singapur Changi und warte aufs nächste Einchecken. Wie das hier riecht! Herrlich. Wie in einem Blumenladen. Und überall stehen Orchideen. Es ist total warm und schwül. Der Boden ist blitzblank, was aber auch kein Wunder ist, denn es wird richtig teuer, wenn man sein Kaugummi einfach ausspuckt oder eine Kippe fallen lässt. Überall hängen Verwarnschilder. Das sollten sie in Frankfurt auch mal aufhängen. Da sah es ganz anders aus. Hier in Singapur könnte man locker vom Boden essen. Tu ich natürlich nicht. Stattdessen schlürfe ich lieber einen Smoothie aus einem Becher. Ananas, Mango, Kokosmilch und noch irgend so ein Zeug, von dem ich noch nie gehört oder was gesehen habe. Eine braune, knubbelige Frucht mit weißem Fleisch und Millionen kleiner, schwarzer Körnchen drin. Sieht seltsam aus, ist aber voll lecker.
Noch eine Stunde, dann geht es weiter. Der Flug von Frankfurt hierher war okay, auch wenn die Familie in der Reihe hinter mir ziemlich genervt hat. Zum Glück haben es die Kids aufgegeben, meinen Sitz rausreißen zu wollen, und sind irgendwann eingeschlafen. Aber erst, nachdem der Steward die Eltern gebeten hatte, für Ruhe zu sorgen. Das hat noch etwas gedauert und es waren ein paar üble „Wenn-du-nicht-dann“-Reden nötig, aber dann war Stille. Dass sie nicht in den Freizeitpark von Sidney gehen dürfen, wenn sie nicht brav sind, hat die Kinder scheinbar doch schwer beeindruckt.
So gegen zwei Uhr nachts bin dann endlich auch ich eingeschlafen und erst am Morgen wieder aufgewacht, weil das Kabinenlicht anging und Breakfast-Lunch-Brunch-Gedöns serviert wurde. Ich saß in der 74sten Reihe, was prima war, weil ich da fast als Erste Essen serviert bekam und ich es nicht weit zur Toilette hatte. Eigentlich ist es ja nur für uns morgens, denn hier in Singapur ist jetzt gerade Abend. Dabei bin ich fit und habe beschlossen, so lange wach zu bleiben, wie es nur geht. Mal sehen, wie ich das mit der Zeitverschiebung schaffe.Australien, Aquarii, Meerjungfrauen, Fantasy
Ich muss zugeben, dass ich mich ab und an wundere, warum ich mir das antue. Es ist echt anstrengend. Ich habe vom Reisen ja keine Ahnung und ich habe auch niemanden, den ich fragen könnte, warum es im Flieger so wackelt oder ob die Tragflächen nicht abbrechen, wenn sie sich beim Start so stark durchbiegen. (Okay, ich habe wegen dem Wackeln gefragt. Der Steward meinte, das sei vollkommen normal. Ich habe ihm das mal geglaubt, weil er so freundlich und vertrauenswürdig aussah. Bleibt mir ja ohnehin nichts anderes übrig. Aber wegen der Tragflächensache traute ich mich dann nicht mehr, ihn noch mal zu nerven). Blöd, dass ich alleine und auf eigene Faust reise. Melli hatte wenigstens Juri dabei. Okay, der hat sich letztendlich als Idiot geouted. Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn ich gleich von Anfang an mitgeflogen wäre? Aber als das zur Debatte stand, hatte ich kein Geld, und die Kohle, die ich auf dem Konto habe, ist für den ein Auto reserviert. Ein Glück, Australien, Aquarii, Meerjungfrauen, Fantasydass mir Tante Betty zum bestandenen Abitur dieses Wahnsinnsgeschenk machte. Ich hatte keine Ahnung, dass sie seit meiner Geburt jeden Monat ein paar Mäuse für mich beiseitegelegt hat. Krass, was da in den Jahren zusammen gekommen ist. Das reicht locker für drei Monate Reise. Danke, Tante Betty. Du hast mir damit nicht bloß eine tolle Reise beschert, sondern Melli vermutlich auch den Arsch gerettet. Ups. Ich meinte natürlich, ihren süßen, knackigen Hintern. Und nur darum geht es hier. Für meine BFF nehme ich jeden Stress auf mich! Sie würde ja auch dasselbe für mich tun, wenn ich in Schwierigkeiten stecken würde!!! Wobei ich nicht 100 prozentig weiß, ob sie in Schwierigkeiten steckt. Oder wo sie sich zur Zeit aufhält. Ich fliege auf gut Glück nach Cairns (über Melbourne, wo ich aber nicht aufhalten werde, sondern gleich wieder nach Norden weiterfliege. Voll blöd, aber ich habe keinen Direktflug bekommen …), weil das der letzte Ort war, von dem sie sich gemeldet hat. Ihr Foto, das sie mir mitgeschickt hat, habe ich natürlich dabei. Mir gefällt das Licht, auch wenn man Melli nicht wirklich erkennen kann. Und dann habe ich auch noch das Foto vom Riff. Es soll mich immer daran erinnern, wie toll es in Australien ist. Als Motivation, dass ich die Lust nicht verliere. Melli hat dieses Bild geliebt. Sie hat es immer rausgekramt, wenn sie von ihrem Fernweh nach Australien gepackt wurde. Sie hat es sogar als großes Bild in ihrem Zimmer hängen. Das Barriere Riff … ihr Traumziel schlechthin!

Great Barrier Reef, Australia, Aquarii, Meerjungfrauen
Barrier Reef (Foto mfGe von Scott Plume)

Gerade eben haben sie meinen Flug aufgerufen. „All passengers booked on Qantas Flight QF4657 to Melbourne please proceed to gate …“ Dammich! Jetzt habe ich es vergessen. Gleich noch mal auf die Anzeige schauen. Okay, Gate A20. Das Boarding beginnt. Ich muss jetzt los. Dabei habe ich nicht mal aufgeschrieben, warum ich mich auf die Suche nach Melli mache. Das werde ich im Flieger nachholen. Der Flug nach Melbourne dauert etwa sieben Stunden. Da sollte genügend Zeit sein, die Einleitung nachzuholen. Ich schreibe mein Reisetagebuch zum Glück ja nicht für unsere olle Deutschlehrerin. Gnihihi. Hierauf gibt mir keiner mehr schlechte Zensuren, also kann ich auch schreiben, wie es mir passt und ohne Punkt und Komma was mir die Frühauf immer angekreidet hat. Ätsch! So, jetzt muss ich aber. Bis nachher!