Auch Hobbys kosten Geld
Anfangs habe ich das Schreiben noch als Hobby betrachtet, doch schon bald merkte ich, dass das Autorenleben viel mehr war, als ein netter Zeitvertreib. Es war eine schöne Arbeit, der ich immer mehr Zeit – und Geld! – opferte. Heute sehe ich meine Autorentätigkeit als Nebenberuf, der mir Geld einbringt, aber auch Investitionen verlangt. Da sind Reisekosten, wenn ich zu den Messen fahre, Rechnungen für den Buchdruck/Merchandise und natürlich auch Rechnungen von Lektoren und Illustratoren.
Und dann hau ich mit dem Hämmerchen …
Als ich MACHWERKE gründete, war mir bewusst, dass ich in den ersten Monate in Vorleistung treten muss. Ich brauchte schließlich Material wie Bücher, Werbeartikel und Co, mit denen ich in die Selbstständigkeit starten konnte. Und ich wusste, es würde dauern, ehe sich das vorgestreckte Geld und laufende Kosten mit den Einnahmen amortisieren würden. Einnahmen aus dem Bücherbusiness sind – wie im gesamten künstlerischen Bereich – schlecht vorhersehbar. Es gibt Flauten und es gibt Hochzeiten. Man braucht einen langen Atem und muss haushalten, wenn man nicht ständig mit roten Zahlen rechnen möchte.
Lieber ein großer Batzen …
Allerdings sah das für mich als Verlagsautorin nicht viel anders aus. Zwar hatte ich keine Kosten für Lektorat, Illustration oder Druck zu bezahlen, dennoch musste ich regelmäßig Geld für Reisekosten, Merchandise und Bucheinkäufe berappen, um Material für meine Büchertische zu haben. Von Verlagen bekam ich – wenn überhaupt – nur einmal im Jahr Honorar für deren Verkäufe von Prints und eBooks überwiesen. Mein Autorendasein finanzierte sich übers Jahr gesehen praktisch nur über den Direktverkauf von Büchern, die ich vom Verlag zu günstigen Konditionen einkaufte. Das mag bei großen Publikumsverlagen anders sein, bei Klein- und mittleren Verlagen sieht es jedoch überall gleich aus. Vorschüsse für abgelieferte Manuskripte sind unüblich und die Auflagen meist gering. In Folge dessen ist auch beim Honorar nicht viel zu erwarten.
… oder viel Kleinvieh?
Der Vorteil beim SP ist, dass alle Einnahmen auch wieder zu einem zurückkommen. Kein Verlag schöpft von Gewinn etwas ab. Die Einnahmen aus eBook-Verkäufen gehen monatlich aufs Autorenkonto ein. Buchverkäufe auf Messen und der Direktverkauf bei persönlichen Bestellungen zahlt sich wesentlich mehr aus, als mit einem eingekauften Verlagsbuch. Wenn man es also gut anstellt, sind diese Einnahmen regelmäßige Posten, die die Planung für neue Projekte einfacher macht.
Wanna be my patreon?
Egal, ob man das Sparschwein plündert, bei Oma/Tanten/Eltern eine Anleihe macht oder sich einen Sponsor sucht: Ohne eine gewisse Investition geht es meiner Erfahrung nach im SP nicht. Für diejenigen, die ihr Schwein nicht schlachten und keine Investitionen leisten möchten/können, für die gibt es eine Alternative, sein Schaffen monatlich „sponsoren“ zu lassen. Die Rede ist von Patreon, einer Crowdfundingplattform, die in den letzten Jahren bei Kunstschaffenden immer beliebter wurde und sich auch in Autorenkreisen immer mehr durchsetzt. Autoren können sich über Patreon regelmäßig von ihren Fans unterstützen lassen. Wie das geht, berichtet euch meine Kollegin Judith Vogt.
Viel Spaß beim Lesen ihres Gastbeitrages!
Patreon als „Grundeinkommen“?
von Judith Vogt (https://www.patreon.com/dievoegte)
Was ist Patreon?
Ich begegne immer wieder dem Phänomen, dass die Online-Plattform Patreon in Autor*innen-, Rollenspieler*innen- und Künstler*innen-Kreisen keinerlei Erläuterung mehr bedarf, wohingegen ich außerhalb dieser „Bubbles“ häufig noch in fragende Gesichter blicke. Für den Fall, dass ihr zu den fragenden Gesichtern gehört, einmal ganz kurz: Patreon ist eine Art Crowdfunding-Plattform, die 2013 gegründet wurde und Kunstschaffenden die Möglichkeit bietet, eine Community von Unterstützenden (den Patrons) zu bilden, die bereit sind, monatliche oder projektgebundene Geldbeträge zu geben. Wie sie dabei vorgeht, welche Beträge sie ansetzt und was sie dafür bietet, kann von der kunstschaffenden Person recht frei festgelegt werden, die Beträge werden in Dollar angegeben und abzüglich von Patreon-Gebühren und Paypal-Gebühren einmal monatlich überwiesen.
Wenn man also eine gewisse Menge Patrons versammelt, ist das so etwas wie ein sicheres „Grundeinkommen“, was sicherlich auch den Reiz von Patreon ausmacht. Selbst bei kleineren Beträgen: Wenn ich weiß, monatlich trudeln fünfzig, hundert, hundertfünfzig Euro auf meinem Konto ein, kann das schon mal ein bisschen Druck aus der Kreativität nehmen – und das Ende ist natürlich nach oben offen, seht euch z.B. mal Christian von Asters wahnsinnig erfolgreiche Patreon-Seite an!
Bedingungslos? Leider nein!
Nun ist dieses „Grundeinkommen“ aber leider nicht bedingungslos. Ein Patreon ist eine Verpflichtung, der nachgekommen werden muss – denn Patrons können ihr „Abo“ im Prinzip jederzeit kündigen. Zudem verirrt sich niemand „einfach so“ auf eine Patreon-Seite und wirft dort monatlich Geld drauf. Für einen gut laufenden Patreon muss also gearbeitet und geworben werden. Und wie immer gilt die unfaire Redensart: Wer hat, dem wird gegeben. Wer also bereits gut etabliert oder ein Ass im Selbstmarketing oder sehr präsent auf Social Media ist, hat weniger Schwierigkeiten, den Patreon bekannt zu machen. Ich schreibe hier nur aus dem Bauch heraus, aber wer Patreon als Sprungbrett zu mehr Bekanntheit nutzen möchte, wird es vermutlich schwer haben, aus genau diesem Grund: Neue Patrons kommen zu Accounts, die bereits bekannt sind.
Letztlich ist Patreon natürlich trotzdem eine Möglichkeit, die – in unserem Fall – Geschichten zu schreiben, die wir immer schon mal schreiben wollten, und für Leser*innen natürlich auch: die Autor*innen zu unterstützen, die sie selbst mehr lesen wollen, egal, ob diese nun bei einem großen Verlag sind oder nicht. Letztlich stellt es auch eine Art Demokratisierung der Kunst dar, genau den Leuten Geld zu geben, die man wertschätzt.
Lange gezögert
Christian und ich haben lange gezögert, einen Patreon aufzusetzen. Wir haben mit amerikanischen Kolleg*innen aus der Rollenspielszene geredet ebenso wie mit deutschen, und der Kontrast war Folgender: In den USA ist Patreon als genau das angesehen, was es ist – eine Künstler*innenplattform, wo es Inhalte gegen Geld direkt von Schaffendem zu Konsumierendem gibt. In Deutschland hörten wir immer wieder: „Das ist wie Betteln.“ Ich glaube, in Deutschland ist das Spannungsfeld von Kunst und Geld einfach ein anderes – als Künstler*in, Autor*in etc. sollte dir möglichst egal sein, ob und wieviel Geld du für dein Schaffen erhältst. Du machst es doch um der Kunst willen, oder nicht?
Well, nope! Also, natürlich schreibe ich, weil ich es unheimlich gerne mache, weil es mein Traumjob ist, aber, ja, ich arbeite mir seit Jahren den Arsch dafür ab, ohne dass a) es mich reich gemacht hätte oder b) mir Geld egal wäre, weil ich von den Küssen der Muse lebe. Wir können uns ja schlecht aus dem Kapitalismus ausklinken, so gern wir das sicher manchmal tun würden – aber wir können an unserem Selbstbild als Künstler*innen arbeiten:
„Was ich mache, ist toll, und ich verdiene es, dafür bezahlt zu werden“
Schickt euer Imposter-Syndrom nach Hause. Überzeugt euch davon, dass es Leute da draußen gibt, die eure Inhalte wertschätzen, für die ihr genau das Richtige schreibt, genau den richtigen Ton trefft. Die euch sympathisch finden und unterstützen möchten.
Unsere Patreon-Seite lag über ein halbes Jahr lang fertig angelegt im Backend von Patreon herum, bevor wir sie endlich online gestellt haben. Es gibt natürlich Fragen, die man sich dringend stellen sollte, bevor man eine Patreon-Seite launcht, aber „Bin ich das überhaupt wert?“ gehört nicht dazu.
Ein Patreon – aber wofür?
Die wichtigste Frage ist natürlich: Was biete ich dort überhaupt an?
Dazu kann es im Prinzip grob (sehr grob!) zwei Antworten geben: etwas Exklusives oder etwas frei Zugängliches. Beides ist auf Patreon möglich und absolut legitim. Wenn ihr etwas Exklusives anbietet, dann wird einer oder mehrere eurer „tiers“, also der auswählbaren Unterstützungsoptionen beinhalten, dass es dort etwas zu ergattern gibt, was es nirgendwo anders gibt – ein nicht frei zugängliches Video, eine exklusive Kurzgeschichte, eine quasi „private“ Online-Community, in der ihr mitmischt, Previews, Cutscenes usw. Wenn ihr nichts Exklusives anbietet, dann unterstützen euch eure Patrons um des Unterstützens willen, erhalten dafür aber keine direkte „Gegenleistung“ (das ist beispielsweise bei einigen Podcasts, die ich höre und unterstütze, der Fall: Die Folgen erscheinen frei zugänglich, aber der Patreon ermöglicht den Podcaster*innen Equipment und das Betreiben von Websites etc.).
Als Autor*in ist man natürlich eigentlich recht gut ausgestattet, um monatlichen Content zu liefern. Da lautet aber natürlich die nächste Frage: Kann und möchte ich monatliche Kurzgeschichten oder Kapitel oder Gedichte oder was weiß ich was „liefern“? Schaffe ich das? Muss ich mir zusätzlich zur kreativen Leistung Gedanken um Layout machen?
Geht das vorher möglichst realistisch durch – mit welcher „Belohnung“ lockt ihr in den „tiers“, ist das schaffbar? Und geht auch einmal pessimistisch an das Ganze heran: Was ist, wenn ihr erst einmal nur eine Handvoll Patrons ins Boot holen könnt – wärt ihr bereit, auch für einen niedrigen zweistelligen Betrag Inhalte zu erstellen?
Natürlich könnt ihr auf zahlreichen Patreon-Seiten „Mäuschen spielen“ und euch die „tiers“ anderer Autor*innen ansehen. Ihr werdet dort vermutlich alles Mögliche finden und entsprechend verwirrt sein – so ging mir das zumindest! Aber ich denke, eine gute Faustregel ist: Welchen Betrag würde ich selbst für welche „Gegenleistung“ zahlen? Es ist immer gut, einen niedrigschwelligen „tier“ anzubieten. 1$ monatlich, zum Beispiel. Was könntet ihr dafür anbieten? Eine Erwähnung in der Danksagung? Eine jährliche Postkarte? Oder seid ihr bereit, schon den „kleinsten“ Unterstützer*innen Zugriff zu Kurzgeschichten zu geben, so wie es z.B. die US-amerikanische SF-Autorin Kameron Hurley tut? Das ist vollkommen euch überlassen.
Aus dem Nähkästchen
Wie oben schon erwähnt: Ich habe selbst noch nicht viel Patreon-Erfahrung und kann daher nur aus dem eigenen Nähkästchen der vergangenen drei Monate erzählen. Unser Patreon startete im März – beim niedrigsten Betrag wird ein*e Patron zum Beispiel in den Credits des Genderswapped Podcasts erwähnt, den ich mit meiner Freundin Lena einmal im Monat aufnehme (der einzige komplett von Frauen realisierte deutschsprachige Rollenspielpodcast, übrigens, und wir dröseln das Hobby aus feministischer Perspektive auf). Auf dem mittleren „Level“ gibt’s eine monatliche Kurzgeschichte oder ein Erzählspiel – Christian und ich schreiben diese Inhalte exklusiv für den Patreon, layouten sie und sprechen sie teilweise auch als Audio ein. Und auf dem höheren Level erhalten Patrons alle im Laufe des Unterstützungszeitraums erschienenen Romane signiert zugeschickt.
Zusätzlich kann man auf Patreon „goals“ ansetzen, die beim Erreichen einer gewissen Menge Follower oder eines monatlichen Betrags freigeschaltet werden. Bei uns war das erste „goal“ eine Online-Community auf Slack, die nur für Patrons zugänglich ist und auf der wir uns in einem „safe space“ über alle möglichen Themen und vor allen Dingen natürlich Erzähltes und Rollenspiele austauschen. Diese Community existiert schon seit dem zweiten Tag, weil dieses Ziel überraschend schnell erreicht war, und jede*r Patron hat Zugriff darauf.
Unser Patreon ist tatsächlich erfolgreicher, als wir uns das vorher (in stetiger Zusammenarbeit mit Dauerpessimismus und Imposter-Syndrom!) ausgemalt hatten – vielen Dank an alle, die das möglich machen!
Alleinstellungsmerkmal
Das schlimme Wort. Das, was Verlage auch immer wollen (aber nicht zu viel, bitte. Etwas ganz Eigenes, aber auch gut zu vermarkten und ein bisschen so ähnlich wie XYZ!). Aber tatsächlich ist das natürlich ein wichtiger Punkt. Bevor unser Patreon gestartet ist, haben Christian und ich uns vor allen Dingen gefragt: Ist er zu sehr „nicht Fisch, nicht Fleisch“? oder vielmehr: Gibt es genug Überschneidungen zwischen den Romanleser*innen und den Rollenspieler*innen? Ist es gut, als monatlichen Content Erzählspiele UND Kurzgeschichten anzubieten oder ist die Linie dann nicht klar genug?
Letztlich ist aber, glaube ich, genau das der Punkt: Es gibt, soweit ich das weiß, keinen deutschsprachigen Patreon, der Erzählspielinhalte anbietet. Im April und Mai haben wir die Erzählspiele zudem mit Kurzgeschichten auch inhaltlich kombiniert und für den Rest des Jahres haben wir uns eine hoffentlich ganz gute Mischung überlegt. Zudem bietet der Patreon auch die Möglichkeit, den Podcast zu unterstützen – und der Podcast weist monatlich auf den Patreon hin. Diese Kombination hat sich auch als gar nicht schlecht erwiesen. Vielleicht fällt euch auch etwas ein, was ihr anbieten könntet, was speziell „euer Ding“ ist. Und wenn das eben das Schreiben ist – dann macht das, nicht jede*r muss das Rad neu erfinden!
Social Media
Generell ist Eigenwerbung auf Social Media ja immer so eine Sache – wann geht man den Leuten auf den Geist? Mein Social Medium der Wahl ist Twitter – Facebook meide ich mittlerweile, und Instagram ist nicht so wirklich meine Welt. Ich glaube, man merkt einfach, dass das bei Twitter tatsächlich „ich“ bin, und die Facebook- und Insta-Judith nur Marketing machen will. (*hust* Sorry.) Demzufolge kann ich ziemlich genau sagen, dass der überwiegende Teil der Patrons über Twitter zur Seite gefunden hat – und alle anderen sind über den Podcast darauf aufmerksam geworden. Wo möchtet ihr eure zukünftigen Patrons auf euch aufmerksam machen und wie? Patreon selbst bietet auch während des Erstellens der Seite ein paar Tipps und Tricks, zu Social-Media-Marketing könnt ihr in dieser Artikel-Reihe sicher auch noch den einen oder anderen Beitrag finden, und alles, was dann noch fehlt, ist ein Plan: Wie soll euer Patreon aussehen?
Viel Erfolg!
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